Hass & Hetze: Opportunismus damals und heute

Hass & Hetze: Opportunismus damals und heute

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Zuletzt aktualisiert 8. Februar 2020

Der rheinische Karneval entstand in seiner heutigen Form im 19. Jahrhundert in der Nachfolge heidnischer Frühlingsfeste als Widerstandbewegung gegen die Besetzung des Rheinlandes durch napoleonische und preußische Truppen. Er nahm das französische sowie das preußische Militär auf die Schippe und bot den Menschen eine Gelegenheit, unter dem Schutzmantel der Satire Kritik zu äußern, die unter anderen Umständen verboten und unmöglich gewesen wäre.

Das änderte sich im Kaiserreich und fand eine Perversion unter dem NS-Regime, das den Karneval gleichschaltete und für Hass und Hetze gegen seine inneren und äußeren Feinde instrumentalisierte. Dabei ist es im Wesentlichen bis heute geblieben, nur die Motive wechselten.

Hetzte der kölsche Fasteleer dereinst gegen Juden, Bolschewisten und Plutokraten, so nimmt er heute die AfD ins Visier. Sie ist der neue, innere Feind des Repressionsregimes, das seine Farben, Motive und Ausdrucksformen gewechselt hat, seinen antidemokratischen Grundprinzipien aber seit 1933 ununterbrochen treu geblieben ist. Auch das gehört zur Scheindemokratie dazu: Narrenfreiheit als Freiheit des Fürsten, sich den Spiegel gerade nicht vorhalten lassen zu müssen.

Da war das Mittelalter seit und mit Till Eulenspiegel schon mal weiter als es die Kölner Karnevalsvereine heute sind. Dessen Narrenfreiheit bestand gerade darin, dem Fürsten im Spiegel sein wahres Gesicht zu zeigen – und in spannenden Episoden sowie listigen Fragen Formen von Kritik unterzubringen, die sich niemand offen zu äußern gewagt hätte.

Mit dem Mottowagen oben tritt nun der kölsche Fasteleer der AfD auf den Schlips. Das haben die Karnvealsvereine schon früher eingeübt, darin sind sie gut: nach oben buckeln und nach unten treten.

Till Eulenspiegel machte es umgekehrt. Er hat leider bislang in der Neuzeit keine würdigen Nachfolger gefunden.

Bild oben: „War bliev dann hück noch ston?“, Kölner Mottowagen von 2020.

Bild unten: „Däm han se op d’r Schlips jetreten!“, Kölner Mottowagen von 1936.

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