Zuletzt aktualisiert 11. Februar 2020
Annegret Kramp-Karrenbauer wird den 6. Februar 2020, Donnerstag, noch lange in Erinnerung behalten. Da muss ihr klar geworden sein, dass sie in der CDU – der Partei, deren nominelle Vorsitzende sie ist – nichts zu sagen hat. Teile „ihrer“ Partei, allen voran die Werteunion, drängten zu einem Bündnis mit der AfD. Andere, beispielsweise der Flügel um Armin Laschet in Nordrhein-Westfalen, bebten vor Zorn über die Ereignisse in Thüringen, weil die ihr Wunschbündnis mit den Grünen torpedierten. Und Angela Merkel diktierte aus dem fernen Pretoria, was jetzt in Thüringen und überhaupt zu tun sei: „Zumindest gilt für die CDU, dass sich die CDU nicht an einer Regierung unter dem gewählten Ministerpräsidenten beteiligen darf.“
Für persönliche Entscheidungen, für eine eigene Meinung blieb Kramp-Karrenbauer da kein Spielraum.
Was macht eine Parteivorsitzende, an deren Meinung in der eigenen Partei niemand interessiert ist? – Sie wirft die Brocken hin. Das kann man bockig tun, wie Andrea Nahles, oder mit staatserhaltendem Habitus, wie ihn jetzt Kramp-Karrenbauer an den Tag legt, die zumindest noch so lange ihr Parteiamt moderieren will, bis ein Kanzlerkandidat der Unionsparteien feststeht, der sie beerben soll. – Es sei denn, Markus Söder übernimmt diesen Part. Denn der kann schlecht Vorsitzender von zwei Parteien werden.
CDU/CSU und SPD stecken tief in der Krise. Für solche Zeiten ist die SPD mit Norbert Walter-Borjans in einem von zwei Vorsitzenden-Ämtern besser aufgestellt als die CDU mit der zickigen Kramp-Karrenbauer. Wenn Walter-Borjans eines gut kann, dann stundenlang stoisch dasitzen und dummes politisches Geschwätz ertragen. Ich habe ihm jahrelang im Rat der Stadt Köln in jeder Sitzung direkt gegenübergesessen – ich war Ratsmitglied für pro Köln, er Beigeordneter der Stadtverwaltung – und ihn bei genau dieser buddhistischen Übung beobachtet: Die Parteivertreter redeten und redeten und redeten, und nach zwei Stunden Palaver gab dann Walter-Borjans zu alledem eine 30-sekündige allgemein gehaltene, distanzierte, ideologiefreie, belanglose Stellungnahme ab. Damit hat er bei der SPD überlebt und ist immer weiter aufgestiegen.
Genau das sind die Charaktere, die jetzt auch an der Spitze der CDU gefragt sind: Keine Ideen haben. Schon gar keinen ideologischen Ehrgeiz. Die anderen reden lassen und selbst nur dann sprechen, wenn es sich überhaupt nicht mehr vermeiden lässt. Und dann immer schön vage bleiben und bloss nichts verbindlich zusagen. So eine/n sucht jetzt die CDU!
Sie sollten mal den Kuckelkorn in Köln fragen. Der wäre handwerklich kompetent, um die CDU auf ihrem jetzt anstehenden letzten Weg zu begleiten.
Bild oben: Nicht ideal für den Bund, besser fürs Saarland – CDU-Plakat von 1994