Zuletzt aktualisiert 21. Februar 2021
Recep Erdogan kann wirtschaftliche Erfolgsmeldungen gut brauchen. Der Tourismus seines Landes liegt coronabedingt am Boden. Das türkische Elektroauto, mit dem seine Gefolgsleute den Weltmarkt erobern wollen, rollt leider noch nicht vom Band. Eine international konkurrenzfähige, autochthon türkische Industrieproduktion gibt es nicht. Die türkische Lira befindet sich im freien Fall. Hauptexporgut des Landes sind Fahrzeuge – aber keine eigenen. Hyundai und Toyota beispielsweise lassen in der Türkei einige ihrer Modelle zusammenschrauben. Die Hilfstätigkeiten der Türken für innovative Japaner bringe jedes Jahr eine Handvoll Dollar ein, aber weder schmeicheln sie dem türkischen Selbstbewusstsein, sondern machen sie aus der türkischen Republik jene weltweit bedeutende Wirtschaftsmacht, die sich Erdogan und seine Gefolgsleute mit ihrem Traum von einem neuen osmanischen Reich so sehnlich herbeiwünschen.
Das Beste am Orient sind türkische Kekse. Die sind nicht so süß und haben ein besonderes Aroma. Aber sie müssen unbedingt vor Ort frisch zubereitet werden und taugen deshalb nicht als exportfähiger Gamechanger für Erdogans globale Pläne. Pasteurisiert und homogenisiert wären sie ungenießbar.
Wäre die Türkei kein Staat, sondern eine Privatperson, dann könnte sie nur noch ein Lotteriegewinn wirtschaftlich retten. Eine Analogie zum Lotteriegewinn präsentiert Recep Erdogan in diesen Tagen mit einem Erdgasfeld im Schwarzen Meer, das mutige türkische Forscher und Eroberer (Türkisch: „Fatih“) mit einem eben so benannten Bohrschiff erkundet und für die Türkei in Beschlag genommen haben. Den Bug der „Fatih“ haben sie so groß mit dem türkischen Hoheitsabzeichen bemalt, wie es dessen Fläche hergab.
Wie groß allerdings das Gasfeld wirklich ist, weiß niemand. Denn hierbei handelt es sich um Herrschaftswissen der Gefolgsleute Erdogans, dessen Interpretation dem Führer höchstselbst vorbehalten bleibt. Die Finanzmärkte zeigen sich jedenfalls bislang unbeeindruckt. Die türkische Lira fällt weiter.
Die Türkei wird auch künftig auf Rohstoffimporte angewiesen sein. Und vor 2023 kann Erdogans Schatz im Schwarzen Meer – leider, leider – nicht erschlossen werden. Die Wahlen zur 28. Großen Nationalversammlung der Türkei finden übrigens gleichzeitig mit der Präsidentschaftswahl im Juni 2023 statt. Kann das ein Zufall sein? Oder inszeniert Erdogan, der alte Fuchs, den Fund so, dass er bis zum Wahltag Schätze verteilen kann, die noch gar nicht gefördert worden sind? Und wie geht es dann nach dem großen Wahltag im Juni 2023 weiter?
Das Enttäuschungspotential seiner Anhänger wächst. Und falls es nicht doch noch genialen türkischen Wissenschaftlern gelingt, türkische Kekse ohne Qualitätsverlust für viele Monate haltbar zu machen, so dass sie zentral von Firmen, die Erdogans Neffen und Vettern kontrollieren, produziert und in alle Welt verschifft werden können, ist eine Wende in der türkischen Wirtschaftsmisere nicht absehbar.