Zuletzt aktualisiert 21. März 2021
Auf einer Großdemonstration gegen die Corona-Eindämmungsmaßnahmen in Kassel hat es am Samstag mehrere gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden verschiedener Lager und der Polizei gegeben. Entgegen den gerichtlich bestätigten Auflagen der Stadt versammelten sich Tausende in der Innenstadt und formierten sich zu einem ebenfalls verbotenen Demonstrationszug. Die meisten hielten sich nicht an die Auflage, Mund- und Nasenschutz zu tragen. Immer wieder kam es bei dem Umzug zu Auseinandersetzungen mit Gegendemonstranten und an einer Polizeisperre auch zu massiven Prügeln und Schubsereien. Journalisten wurden angegangen und beschimpft. Die Polizei setzte nach eigenen Angaben Schlagstock und Pfefferspray ein. Einzelne Menschen wurden festgenommen.
Die Polizei berichtete von „mehreren Angriffen“ durch Demonstranten auf Einsatzkräfte. „Solche Angriffe tolerieren wir nicht. Friedlicher Protest sieht anders aus“, schrieb die Polizei auf Twitter. Ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete vor Ort über Rangeleien zwischen Polizisten und Demonstranten. Beide Seiten seien aneinandergeraten, als Kundgebungsteilnehmer versucht hätten, eine Kette von Einsatzkräften zu durchbrechen, um zu anderen Demonstranten zu gelangen. Am Kasseler Altmarkt hätten Demonstranten die Polizei mit Flaschen beworfen und versucht, eine Absperrung zu durchbrechen, teilte die Polizei mit. Einsatzkräfte hätten daraufhin einen Wasserwerfer eingesetzt. Für Empörung in den sozialen Medien sorgte ein Video, auf dem zu sehen war, wie Polizisten eine Fahrradsperre von Gegendemonstranten abräumten. Die Polizei äußerte sich dazu nicht.
Die Polizei ging am Nachmittag von 15.000 bis 20.000 Demonstranten aus der „Querdenker“-Szene aus. An dem vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof genehmigten Kundgebungsort in der Peripherie fanden sich zunächst nur wenige Menschen ein, wie die Polizei berichtete. Später waren aber auch dort zahlreiche Männer und Frauen versammelt, um gegen die Corona-Politik Deutschlands zu demonstrieren. Auf dem zentralen Friedrichsplatz entwickelte sich am Nachmittag bei Sonnenschein fast schon Picknick-Atmosphäre ohne viel Abstand, wie Augenzeugen berichteten. Die Menschen ignorierten die Aufforderungen, sich zum genehmigten Versammlungsort zu begeben. Die Polizei ließ die Demonstranten gewähren. Reporter vor Ort berichten von einer ausgelassenen Stimmung und „Oh wie ist das schön“-Gesängen.
Die hessischen Kräfte hatten Unterstützung aus Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Rheinland-Pfalz erhalten. Auch die Bundespolizei, Wasserwerfer und ein Hubschrauber waren im Einsatz. Demonstriert werden durfte laut Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) vom Freitag nur auf dem Messegelände Schwanenwiese mit bis zu 5000 Teilnehmern und dem angrenzenden Platz der Deutschen Einheit mit maximal 1000 Menschen. Es gelten weitere Auflagen wie das Tragen einer medizinischen Maske und ein Mindestabstand von 1,50 Meter zwischen den einzelnen Teilnehmern. Die nordhessische Stadt hatte die Versammlungen wegen der zuletzt steigenden Zahl von Corona-Infektionen zunächst verboten. Es sei außerdem davon auszugehen, dass vor allem Mitglieder der „Querdenker“-Szene kämen, weshalb nach Erfahrungen in Kassel und anderswo nicht auszuschließen sei, dass Corona-bedingte Auflagen missachtet würden, hatte die Stadt argumentiert.