UN-Berichterstatter prangert deutsche Polizeigewalt gegen Querdenker an

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Zuletzt aktualisiert 20. April 2022

Zahlreiche Demonstrationen deutscher politischer Querdenker gegen die Coronamaßnahmen der Bundesregierung und der Landesregierungen haben Reaktionen ausgelöst, in deren Ergebnis die ohnehin schon dramatisch fortgeschrittene Spaltung der Gesellschaft drastisch vertieft worden ist. Dazu gehörten Polizeimaßnahmen, die viele brave Bürger nicht für möglich gehalten hätten, wenn sie sie nicht selbst hätten miterleben müssen.

Der 1970 geborene Jurist Nils Melzer lehrt Humanitäres Völkerrecht an der University of Glasgow und an der Akademie für humanitäres Völkerrecht und Menschenrechte in Genf. Er wurde 2016 vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zum Sonderberichterstatter über Folter ernannt. Bis 31. März 2022 nahm er Beschwerden aus der Bevölkerung über Verstöße gegen das Misshandlungs- und Folterverbot der UNO-Charta entgegen – nicht schwerpunktmäßig, aber durchaus auch aus Deutschland.

Nach einer Querdenken-Demo in Berlin im August 2021 sah Melzer gute Gründe, um die Bundesregierung zu einer Stellungnahme über Berichte aufzufordern, nach denen hierbei Versammlungsteilnehmer von Polizisten misshandelt worden sein sollen. Hinter der Bezahlschranke der „Welt“ führt der Schweizer Jurist dazu aus:

„Wie in vielen modernen Demokratien ist in Deutschland zwar allgemein akzeptiert, dass Folter und Misshandlung nicht erlaubt sind – aber die Polizeigewalt ist ein blinder Fleck, insbesondere bei Verhaftungen oder Demonstrationen. Die Hinweise, die ich bekommen habe, zeigten einen besorgniserregenden Trend. Zahlreiche Szenen zeigten Polizisten, die eindeutig exzessive Gewalt einsetzten, während die umstehenden Beamten einfach zuschauten oder sogar mithalfen. Das ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass es sich nicht um Einzeldelikte handelt, sondern bereits um eine Kultur der Toleranz für Polizeigewalt.“

Diese Kultur scheint in Deutschland politisch interessengeleitet immer dann besonders stark ausgeprägt zu sein, wenn an Polizisten von ihren obersten Vorgesetzten, den Innenministern, die Erwartung herangetragen wird, den etablierten Politikbetrieb vor offiziös unerwünschten Meinungsäußerungen zu schützen. Dabei spielt offenbar nur eine untergeordnete Rolle, ob solche Meinungen friedlich oder gewalttätig geäußert werden.

Melzer schildert, wie es 2021 in Deutschland zuging:

„In einer Situation wurde bei einer friedlichen Polizeikontrolle eine Frau daran gehindert, sich zu ihrem Mann zu gesellen, der einem Beamten den Kofferraum seines Autos zeigte. Als sie sich verbal darüber aufregte, kam es vonseiten der Beamten zu einer geradezu grotesken Eskalation, in deren Verlauf die Frau grundlos in einen schmerzhaften Polizeigriff gezwungen und ihr Ehemann und ein Bekannter, die ihr zurecht zu Hilfe eilen wollten, brutal zu Boden gebracht wurden. Es waren sieben Polizisten anwesend, es handelte sich um eine völlig kontrollierte Situation, in der kein Beteiligter auch nur die geringste Gefahr darstellte, welche den Gewalteinsatz gerechtfertigt hätte. (…)

In einem anderen Fall ging es um einen Mann, der in Anwesenheit einer Gruppe von Polizisten auf einem Platz friedlich aus dem Grundgesetz vorlas und danach in aller Ruhe mit dem Fahrrad wegfahren wollte. Ohne jede Vorwarnung kam ein Polizist von hinten angerannt, schlug ihm den Arm ins Genick und warf ihn brutal zu Boden. Mir gegenüber erklärte die Bundesregierung diese Gewaltanwendung für gerechtfertigt, da der Mann mit seiner Rede weitere Demonstrationen hätte provozieren können.“

Diese Logik besticht: Wer aus dem Grundgesetz vorliest, könnte andere provozieren. Also gilt es, ihn präventiv niederzuschlagen.

Einsicht werden wir bei der politischen Klasse wohl nicht erwarten dürfen. Stattdessen schimpfen sie über die Verhältnisse in Russland und China.

Das oben verlinkte „Bild“-Video zeigt Szenen jener Berliner Demonstration, die jetzt bei den Menschenrechtsinstitutionen der Vereinten Nationen ein Nachspiel hat. Trotz des beschönigenden Charakters der Berichterstattung ist die aggressive Grundtendenz des Verhaltens vieler hierbei eingesetzter Polizisten unübersehbar.

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