Zuletzt aktualisiert 31. Dezember 2022
Das Allensbacher Institut für Demoskopie (IfD) hat am 29. Dezember 2022 eine vielbeachtete Studie veröffentlicht, nach der sich eine knappe Mehrheit der Deutschen nicht frei fühlt. Im Osten sind es etwas mehr, im Westen etwas weniger Menschen, die Meinungsfreiheit vermissen. Das Ergebnis einer Befragung von 1006 repräsentativ ausgesuchten Personen ab 16 Jahren in Deutschland im November und Dezember 2022 steht im offensichtlichen Widerspruch zum offiziösen bundesrepublikanischen politischen Selbstverständnis.
Hatte es nicht immer geheißen, die Bundesrepublik Deutschland sei der freieste Staat, der je auf deutschem Boden existierte? Und jetzt so ein Umfrageergebnis! Da passt etwas nicht zusammen.
Die „Welt“-Chefredakteurin Anna Schneider bringt das Problem auf den Punkt: „Jeder Mensch kann alles sagen, aber er geht das Risiko ein, den sozialen Tod zu sterben.“
Meinungsfreiheit war in der DDR die Freiheit der Kommunisten, der Diktatur des Proletariats zusprechen zu dürfen. Im Deutschland von heute ist sie die Freiheit der politischen und medialen Klasse, innerhalb eines vorgegebenen Meinungskorridors Multi-Kulturalismus und Kosmopolitismus zu erörtern – aber nicht, beides rundweg abzulehnen.
Wer etwa behauptet, die multi-kulturelle Utopie sei gescheitert, wird sozial und politisch ausgegrenzt und ins Visier der Geheimdienste genommen, falls er sich außerhalb privater Zusammenhänge äußert oder sich sogar politisch zu organisieren erdreistet. An die Stelle der Idee einer freien Demokratie ist längst das Konzept einer Erziehungsdiktatur getreten.
Das hat offenbar mindestens eine knappe Mehrheit der Deutschen verstanden. Und zumindest diese Einsicht lässt ein wenig Hoffnung zu, denn Einsicht in die eigene Unfreiheit ist noch kein politischer Umbruch, aber eine zwingende Voraussetzung jeder erfolgreichen Rebellion.