Zuletzt aktualisiert 23. Juli 2023
Andreas Scheuer ist nur einer von vielen deutschen Politiker mit ökonomisch negativer Lebensbilanz. Wäre Angela Merkel persönlich haftbar für die Grenzöffnung von 2015, dann müsste sie Milliardenbeträge an den Staat zahlen, die außer Bill Gates und Jeff Bezos kaum jemand aufbringen könnte. Andreas Scheuer dagegen hat lediglich eine Autobahnmaut in den Sand gesetzt, die uns rund 243 Millionen Euro kostete. Trotz des im Vergleich zu Merkel überschaubaren Schadens überlegen Juristen hin und her, ob man ihn dafür zur Kasse bitten könnte.
Das liegt zweifellos auch daran, dass Scheuer in der Öffentlichkeit jahrelang mit ziemlich großer Geste auftrat. An solchen Typen beißt sich mancher garstige Zeitgenosse fest.
Wir erinnern uns: Die deutschen Autobahnen sollten mautpflichtig werden. Minister Scheuer plante groß und rechnete mit mehreren Milliarden Euro jährlichen Einnahmen. Und er schloss Verträge mit den Betreiberfirmen des Mautsystems ab – über zwei Milliarden Euro mit einer Laufzeit von 12 Jahren.
Dann kam der Juni 2019, und der Europäische Gerichtshof kippte seine Pläne. Nur mühsam und in mehreren Verhandlungsrunden gelang es, die katastrophalen Folgekosten für den Bund einzudämmen. Am Ende stand unter dem Strich ein Schaden für den Steuerzahler in Höhe von 243 Millionen Euro.
Nun philosophieren Juristen über die Frage, ob Scheuer auf die Erstattung dieses Betrages im Wege der Amtshaftung nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 Satz 1 des Grundgesetzes in Anspruch genommen werden könnte. Darüber berichtet die „Legal Tribune Online“, verwirft den Gedanken aber auch gleich wieder. Denn die Norm gilt nur für Beamte. Minister aber sind keine Beamte. Sie dürfen freihändig Mist bauen, ohne in eine dem Beamtenrecht vergleichbare Haftungssituation zu kommen.
In Frage käme aber eine Schadensersatzpflicht nach § 823 Abs. 2 BGB, die allerdings nur greifen würde, falls sich Andreas Scheuer mit seinem Verhalten strafbar gemacht hätte. Das sieht die zuständige Staatsanwaltschaft anders, und deshalb scheidet auch eine Deliktshaftung aus.
Auch kommt eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB nicht wirklich in Frage: Denn Andy Scheuer hat es doch nur gut gemeint. Er wollte den Staat nicht schädigen, sondern bereichern. Das ist leider schiefgegangen, eben ein Fall von „dumm gelaufen“.
Die Juristen haben noch ein paar anderen Ideen abgeklappert und kommen zu dem Schluss: Die Regierung haftet nicht. Auch nicht bei grober Fahrlässigkeit.
Schade eigentlich. Aber ohne Gesetzesänderung wird es auch für künftige Regressfälle bei der bestehenden Regelung bleiben. Und welche Bundestagsmehrheit will schon ihre eigene Regierung ins haftungstechnische Unglück stürzen und die gesetzliche Regelung einer Ministerhaftung in Angriff nehmen?
Foto oben: Andreas Scheuer hat zwar 243 Millionen Euro Steuergeld in den Sand gesetzt, aber trotzdem gut lachen: Haften muss er dafür nicht. | Urheber: