Zuletzt aktualisiert 27. Januar 2024
Michael Ballweg, der Gründer von „Querdenken 711“, muss sich doch noch mit dem Vorwurf eines versuchten Betrugs unter durchaus nicht ganz alltäglichen Umständen vor Gericht auseinandersetzen. So hat es das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart entschieden und damit eine anderslautende Entscheidung des Landgerichts aufgehoben. Der Vorwurf des Geldwäsche ist allerdings endgültig vom Tisch.
Ungewöhnlich ist, dass das OLG in der Begründung seiner Entscheidung zumindest indirekt einräumt, wie dünn das Eis ist, auf dem die Anklage knapp ins Ziel der Zulassung gerutscht ist, und zwar mit der Feststellung: „Derzeit noch offene Fragestellungen, die der Klärung in der Beweisaufnahme im Rahmen der nunmehr anstehenden Hauptverhandlung vorbehalten sind, stehen der Annahme eines hinreichenden Tatverdachts nicht entgegen.“
Und die Richter scheinen auch vorhandene Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Verfahren zugunsten der Staatsanwaltschaft beiseitegeschoben zu haben, wie die „Legal Tribune Online“ berichtet, die darauf verweist, das Gericht sehe zwar so gerade eben einen „hinreichenden Tatverdacht“, aber: „Dafür bedarf es – anders als für eine Verurteilung – noch keiner Überzeugung des Gerichts von der Schuld.“
Ballweg hat über längere Zeit 9.450 Spenden von Unterstützern seiner Protestbewegung gegen die Coronamaßnahmen der Regierung in Höhe von insgesamt etwas mehr als einer Million Euro auf einem privaten Girokonto vereinnahmt. Ein Teil davon floss unstrittig in jene Demonstrationen, mit denen Ballweg die Behörden unter Druck setzte und den Zorn der Obrigkeit auf sich zog.
Hätte er in aller Form einen Verein gegründet, alle Gelder auf einem separaten Girokonto vereinnahmt und sich vom zuständigen Finanzamt überprüfen lassen, dann wäre es wahrscheinlich nicht zu einem Strafverfahren gegen ihn gekommen. Wer den Staat herausfordert, tut offenbar gut daran, solche formalen Anforderungen zu beachten und insbesondere keine Geldspenden auf einem privaten Girokonto zu vereinnahmen.
Dabei bleiben allerdings neun Monate Untersuchungshaft erklärungsbedürftig und werden wahrscheinlich früher oder später das Bundesverfassungsgericht beschäftigen.
Foto oben: Michael Ballweg bei einer Demo in Berlin 2020 | Urheber: