Zuletzt aktualisiert 22. Oktober 2024
In letzter Zeit haben sich die Diskussionen um das europäische Asylsystem und die damit verbundenen Herausforderungen erneut intensiviert. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie auf einen äußerst aufschlussreichen Artikel aufmerksam machen, der auf Focus Online erschienen ist und sich mit den jüngsten Äußerungen des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, zur Asylpolitik befasst. Der Artikel bietet einen tiefen Einblick in die rechtliche Lage und Papiers Forderungen an die deutsche Bundesregierung. Den vollständigen Artikel finden Sie unter folgendem Link: Focus Online Artikel.
In einem Interview mit der Welt äußerte sich Herr Papier kritisch zur aktuellen Asylpolitik der Europäischen Union. Er bezeichnete das gesamteuropäische Asylrechtssystem als „dysfunktional“ und argumentierte, dass die zunehmenden Abweichungen einzelner Mitgliedstaaten ein klares Zeichen für die Unwirksamkeit des aktuellen Systems seien. Anstatt wie erhofft europäische Solidarität zu fördern, führe das Festhalten an diesem System zur Spaltung und langfristigen Schwächung der Union. Papier betonte in diesem Zusammenhang die Bedeutung des europäischen Primärrechts, das die Verteilung der Kompetenzen zwischen der EU und den Mitgliedstaaten festlegt, und hob Artikel 4, Absatz 2 des EU-Vertrags hervor. Dieser Artikel verpflichtet die Union dazu, die nationale Identität und Souveränität der Mitgliedstaaten zu respektieren.
Besonders betonte Papier, dass die EU nicht als Staat fungiert, sondern vielmehr als ein „besonderer Verbund souveräner Staaten“. Diese Unterscheidung sei von großer Bedeutung, da das Sekundärrecht – also EU-Richtlinien und Verordnungen – nicht dazu führen dürfe, dass Deutschland verpflichtet sei, jeden Asylantrag anzunehmen, auch wenn dieser offenkundig unbegründet oder rechtsmissbräuchlich sei.
In diesem Zusammenhang fordert Papier die deutsche Bundesregierung dazu auf, Asylsuchende, deren Anträge offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben, an der deutschen Grenze zurückzuweisen. Er beruft sich dabei auf Paragraf 18 des deutschen Asylgesetzes, das vorschreibt, dass Personen aus sicheren Drittstaaten die Einreise verweigert werden müsse. Zudem verweist er auf Artikel 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), der den Mitgliedstaaten das Recht zugesteht, die öffentliche Ordnung und die innere Sicherheit eigenständig zu regeln. Dies würde bedeuten, dass Deutschland durchaus das Recht habe, seine Binnengrenzen zu schützen und Maßnahmen zur Sicherung der inneren Sicherheit eigenverantwortlich zu treffen.
Papier warnt davor, dass der aktuelle „dysfunktionale Zustand“ der Asylpolitik weiter andauern wird, wenn die deutsche Regierung keine grundlegenden Schritte zur Veränderung des Systems unternimmt. Er fordert die Bundesregierung auf, diese rechtliche Auffassung vor nationalen und europäischen Gerichten argumentativ zu verteidigen, um die nationale Souveränität und Sicherheit zu gewährleisten.
Zusammengefasst legt Herr Papier in diesem Interview einen klaren rechtlichen und politischen Fahrplan vor, wie Deutschland seine Souveränität und seine Verpflichtungen im Rahmen des europäischen Asylrechts in Einklang bringen kann. Er plädiert dafür, die nationale Identität zu schützen, ohne sich von europäischen Regelungen einengen zu lassen, die nicht den nationalen Interessen entsprechen.
Ich denke, dass dieser Artikel und die darin enthaltenen Argumente von Hans-Jürgen Papier für die gegenwärtige politische Debatte von großer Bedeutung sind. Vor allem im Hinblick auf die anhaltenden Diskussionen zur Migrationspolitik und die Kontrolle der deutschen Grenzen bietet seine Analyse eine wertvolle Perspektive.
Es entsteht der Eindruck, dass die verantwortlichen politischen Parteien weder auf die Mehrheitsmeinung der Wähler eingehen noch die geltende Gesetzeslage ausreichend berücksichtigen.
David Cohnen
Foto oben: Hans-Jürgen Papier | Urheber: