Ist es wirklich erlaubt, Olaf Scholz als „Volksschädling“ zu bezeichnen?

Ist es wirklich erlaubt, Olaf Scholz als „Volksschädling“ zu bezeichnen?

Zuletzt aktualisiert 27. März 2025

Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) hat einen Bürger des Freistaates vom Vorwurf der Beleidigung freigesprochen, der auf einem Plakat den scheidenden Bundeskanzler Olaf Scholz als „Volksschädling“ bezeichnet hatte. (Az. 206 StRR 433/24) Der Fall liegt allerdings komplizierter, als es auf den ersten Blick erscheint. Niemand sollte sich durch diesen Freispruch zu rhetorischen Experimenten ermuntert fühlen, die durchaus auch anders enden können – beispielsweise mit einer Haftstrafe ohne Bewährung.

Im Strafrecht gilt, entgegen einem landläufigen Irrtum, nicht der Grundsatz „gleiches Recht für alle“. Neben dem Tatbestand der möglicherweise verletzten Norm und der Rechtswidrigkeit der Tat befasst sich das Strafgericht auch mit dem Täter selbst und prüft dessen Schuld, die es beispielsweise dann verneint, wenn der Täter schwachsinnig ist oder einem nicht vermeidbaren Verbotsirrtum unterlag. Das ist nicht immer leicht abzugrenzen, und was der BayObLG hier im März 2025 geurteilt hat, kann dasselbe oder jedes andere Gericht bei anderen Tätern oder auch nur einem geringfügig anderen Sachverhalt mit drakonischen Strafen ahnden.

Der Täter war ein Idealist ohne Parteibindung, der im Frühjahr 2022 in Ingolstadt gegen die staatlichen Coronamaßnahmen demonstriert hatte. Die Stimmung war seinerzeit aufgeheizt und der Ton rauh. Auf einem selbstgebastelten Plakat hatte der Beschuldigte Bilder von Olaf Scholz, Nancy Faeser und Robert Habeck angebracht, und dann stand da irgendwo in der Nähe des Namens Scholz der Begriff „Volksschädling“.

Gesehen hat das Plakat in der 100 Personen umfassenden Demonstration nur eine Handvoll Menschen, darunter Polizisten, die das corpus delicti beschlagnahmten. Weder Scholz, noch das Bundeskanzleramt stellten einen Strafantrag. Die Staatsanwaltschaft ermittelte aus eigenem Eifer heraus nach § 188 Abs. 1 StGB, der die Ehre von Politikern unter einen besonderen Schutz stellt. Die Norm ist umstritten. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Stefan Brandner forderte im Dezember letzten Jahres, sie abzuschaffen.

Würde sich ein AfD-Repräsentant in ähnlicher Art und Weise äußern wie der Ingolstädter Demonstrant, könnte er von Glück reden, wenn ihn das Gericht nicht einsperren ließe. Deshalb mein guter Rat an jedermann: Lasst euch von solchen Urteilen nicht blenden!  Wer wichtig ist und Angriffsflächen bietet, wird gnadenlos ausgeschaltet!

Foto oben: Olaf Sholz | Urheber: Michael Lucan | Lizenz: CC BY-SA 3.0

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