Zuletzt aktualisiert 19. Dezember 2019
Thomas Straubhaar, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Hamburg, ist kein „neuer Rechter“. Und kein Revoluzzer. Sondern ein sehr sachlicher Ökonom mit dem Arbeitsschwerpunkt „internationale Wirtschaftsbeziehungen“. Wenn einer unter nüchternen, rein volkswirtschaftlichen, also alles andere als „völkischen“ Gesichtspunkten den Sinn und Nutzen der deutschen Zuwanderungspolitik seit den 1960er Jahren beurteilen kann, dann ist es Thomas Straubhaar.
Um es kurz zu machen: Sein Urteil über das „Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz“ der Regierung Merkel fällt verheerend aus. Der Kern seiner Einschätzung lautet: „Es ist, als hätte man aus den Erfahrungen der Gastarbeiterwanderung der 60er-Jahre auch wirklich gar nichts gelernt.“
Denn:
„Die misslichen Ergebnisse des Gastarbeitermodells der 60er-Jahre sind bekannt. Die Nachfolgeprobleme zeigen: Zuwanderung ist nicht passgenau steuerbar, sie folgt einer unplanbaren Dynamik. Der Fehler wird mit dem Einwanderungsgesetz wohl wiederholt.“
Die Teilnehmer des politischen Wettbewerbs mögen unterschiedliche Antworten geben auf die Frage, wann eine Zuwanderungspolitik als erfolgreich gelten kann und ob Massenzuwanderung überhaupt als wünschenswertes politisches Modell angesehen werden sollte. Eindeutig und schwer diskutierbar ist aber die Tatsache, dass jede Zuwanderungspolitik spätestens dann als gescheitert gelten muss, wenn sie zur Ghettobildung führt und mehrheitlich nicht den Arbeitsmarkt stärkt, sondern die Sozialsysteme belastet. Und genau dieser Effekt ist der rote Faden deutscher Zuwanderungspolitik seit mehr als einem halben Jahrhundert.
Deutschland wirbt Menschen außerhalb Europas an, die zunächst einen Arbeitsplatz haben, beispielsweise in einem Pflegeberuf. Die Arbeitskraft holt ihre Familie nach. Nun reicht das Einkommen womöglich nicht mehr zur Deckung des Lebensunterhalts: Das Sozialsystem gleicht die Differenz aus. Sodann wird die Arbeitskraft womöglich erwerbslos. Dann muss die Familie selbstverständlich keineswegs gehen. Jetzt lebt sie vielmehr komplett von Sozialleistungen …
Solche „Erwerbsbiographien“ sind leider kein Ausnahmefall.
Straubhaar schlägt vor:
„Die Lehren aus dem Scheitern der Gastarbeiterpolitik sind einfach zu ziehen. Und sie dürften auch heute noch Gültigkeit haben. Der Komplexität der Ursachen und Folgen von Migrationsprozessen wegen sollte auf eine Behebung eines Mangels bei einzelnen Berufen oder Branchen durch eine Anwerbung im Nicht-EU-Ausland verzichtet werden.“
Oder, kürzer formuliert: Einfach seinlassen!
Foto: Thomas Straubhaar, CC-Lizenz, Heike Huslage-Koch