Zuletzt aktualisiert 2. September 2020
Maas und Merkel retten die Welt. Das war die Botschaft der Libyen-Konferenz in Berlin, die mit einer offiziellen Waffenruhe ihr scheinbar glückliches Ende fand. Es war nicht die erste Vereinbarung, die Kampfhandlungen in dem vom Bürgerkrieg zerrissenen Land einzustellen – und es wird nicht die letzte sein. Aber wenn es demnächst wieder losgeht und im einstmals wirtschaftlich blühenden Libyen erneut Menschen sterben, werden die deutschen Massenmedien diesen ach so fernen Krieg nicht fokussieren – und Maas und Merkel werden die Ursachen des Scheiterns der Berliner Friedensbemühungen bei anderen suchen.
In Libyen liefern sich Russland und die Türkei einen klassischen Stellvertreterkrieg. Erdogan unterstützt einen Operetten-Präsidenten ohne Rückhalt in der Bevölkerung, Putin einen Armeegeneral ohne politische Legitimation. Khalifa Haftar könnte zumindest für Ruhe im Karton sorgen. Wofür Fajis al-Sarradsch, Erdogans Mann in Tripolis, noch gut sein könnte, ist derzeit schwer abzusehen.
Die Libyer lebten unter der Diktatur Muammar al-Gaddafis im Wohlstand. Sie genossen – dem Ölreichtum sei Dank – ein kostenfreies Bildungssystem, kostenlosen elektrischen Strom, eine flächendeckende und ebenso kostenlose medizinische Versorgung und nebenbei auch noch extrem billiges Benzin. Mit der westlichen Intervention versank die Bevölkerung in Tod und Chaos. Offenbar hatten US-Amerikaner, Briten und Kanadier, die Gaddafi 2011 beseitigten, keinen Plan für die Zeit danach und auch kein über die Ausbeutung der Erdölvorräte hinausgehendes Interesse an Libyen.
Die Bundesregierung stützt ihre Krisendiplomatie auf keinerlei Einfluss in der Region. Ihre Durchsetzungsfähigkeit gegen Khalifa Haftar, Fajis al-Sarradsch und andere liegt exakt bei Null. Das sind durchaus gute Voraussetzungen, um sich als neutraler Vermittler mediengerecht in Szene zu setzen. Aber nicht, um irgendetwas von dem, was in Berlin vereinbart worden ist, in die politische Wirklichkeit umzusetzen.
Maas und Merkel haben etwas gemeinsam mit dem nominellen libyschen Staatspräsidenten: Sie sind Fürsten ohne Land, Könige für einen Tag. Reden können sie – handeln nicht.
Foto: AK-47, CC-Lizenz, Nemo5576