Zuletzt aktualisiert 21. März 2020
Alle deutschen Einzelhandelsgeschäfte, die weder Lebensmittel noch Medikamente verkaufen oder auf bestimmten länderspezifischen Ausnahmelisten stehen, mussten in den letzten Tagen schließen. Für viele fielen die Einnahmen von einem Tag auf den anderen weg. Die Politik versprach ihnen schnelle Hilfe, um Insolvenzen zu vermeiden. Davon kommt offenbar bei den Betroffenen wenig an.
Keine echte Hilfe
Ein Betrieb kann jetzt bei der Arbeitsagentur Kurzarbeit anmelden, wenn mindestens 10 Prozent der Arbeitnehmer von Kurzarbeit betroffen sind. Bislang lag die Schwelle bei 30 Prozent. Da die in Rede stehenden, jetzt geschlossenen Einzelhandelsgeschäfte nichts mehr verkaufen, dürften sie regelmäßig deutlich mehr als jeden dritten Mitarbeiter vorübergehend entbehren können. Die „Hilfe“ hat also kaum messbare praktische Auswirkungen. Die Unternehmen können überwiegend lediglich Leistungen in Anspruch nehmen, die ihnen ohnehin zustehen und die auch ohne die „Großzügigkeit“ der Politiker einklagbar gewesen wären.
Den Einzelhändlern wird zudem empfohlen, sich an ihre Hausbank zu wenden, um Kredite in Anspruch zu nehmen. Kredite haben aber einen schwerwiegenden Nachteil: Sie müssen zurückgezahlt werden. Mit Zinsen!
Banken lehnen viele Kredite ab
Und: Die Banken – einschließlich der öffentlich-rechtlichen Sparkassen – haben trotz der schönen politischen Verlautbarungen ihre Vergabepraxis für Darlehen nicht geändert. Und zwar nicht im Geringsten! D.h.: Wer bislang kreditwürdig war, bekommt einen Kredit. Wer es nicht war, geht leer aus. Und ein Einzelhandelsgeschäft ohne akute Umsätze braucht starke Argumente, um gegenüber einem Bankmenschen seine Kreditwürdigkeit plausibel zu machen. Mit dem Verweis auf die Hausbanken versucht die Politik offenbar, den schwarzen Peter abgelehnter Kreditanträge an andere weiterzureichen.
Vor dem Hintergrund dieser Situation hat Bäcker Bosselmann aus Hannover auf Youtube einen bewegenden Appell an seine Kundschaft gerichtet. Sie allein kann seine Bäckerei und viele andere vielleicht noch retten. Vielleicht auch nicht, das wird sich zeigen. Auf Banken und Politiker setzt Herr Bosselmann offenbar eher weniger, nachdem er festgestellt hat, dass von den abstrakten Kreditzusagen der Politik unten nichts ankommt.
Die Pleitewelle kommt im Herbst
Vielen Politikern ist offenbar klar, dass in den kommenden Monaten Tausende Einzelhändler in die Insolvenz rutschen. Deshalb haben sie die Drei-Wochen-Frist für einen Konkursantrag beim Amtsgericht ausgesetzt – und zwar vorsorglich gleich bis um 30. September 2020. Das wird die Pleitewelle in den Herbst verschieben – aber nicht aufhalten.
Das einzige, was den deutschen Einzelhandel in seiner Vielfalt jetzt noch retten könnte, wäre „Helikoptergeld“ innerhalb von drei Wochen für alle Ladenbetreiber. – Vorschlag: 10.000 Euro auf die Hand für einen Einzelunternehmer, weitere 5.000 Euro pro sozialversicherungspflichtig beschäftigtem Mitarbeiter für alle, die Personal haben.
Das würde – zunächst mal – helfen. Alles andere ist dummes Geschwätz.