Zuletzt aktualisiert 18. Mai 2018
Einige Vertreter des linken Milieus punkten beim sozial benachteiligten Teil der Bevölkerung mit der Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen. Rund tausend Euro monatlich für jedermann sollen es sein – statt aller anderen Sozialleistungen. Finanzierbar wäre das schon, und zwar durch Steuererhöhungen. Aber wäre es auch politisch sinnvoll? Und wie sollen wir uns zu dieser Forderung in der tagespolitischen Debatte positionieren?
„Das käme einer Kapitulation gleich, noch bevor wir über die Zukunft der Verteilung von Arbeit, Qualifizierung und soziale Sicherung ernsthaft diskutiert haben“, sagt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, und damit hat er Recht. Das bedingungslose Grundeinkommen liefe hinaus auf die dauerhafte Anerkennung eines Status quo umfassender Beschäftigungslosigkeit in Deutschland mit derzeit rund sechs Millionen Hartz-IV-Beziehern, von denen die meisten einen Zuwanderungshintergrund haben. Die wären mit tausend Euro monatlich zunächst ruhig gestellt.
Und dann?
Wozu noch Schulbildung?
Unsere Gesellschaft würde sich endgültig verabschieden von jenem klassischen biographischen Entwurf, der da lautet: Schule, Ausbildung, Beruf, Rente. Warum sollten in 20 Jahren die Kinder dauerhaft nicht erwerbstätiger Eltern (Stichwort: „bildungsferne Schichten“) überhaupt noch der Schulpflicht unterliegen, wenn doch absehbar werden würde, dass sie ohnehin keine Ausbildung machen und auch selbst niemals einen Beruf ausüben werden?
Wie würde sich in einer solchen Gesellschaft die Kriminalität entwickeln?
Wie die Inflation?
Wie die Erwerbslosigkeit?
Der Reihe nach:
Zerfall der Gesellschaft
Bildung und Ausbildung würden durch ein bedingungsloses Grundeinkommen sowohl gestärkt als auch geschwächt werden. Einerseits lernt es sich leichter, wenn man der gröbsten täglichen Existenznöte enthoben ist. Andererseits ist nicht nachvollziehbar, warum Menschen, die voraussichtlich nicht arbeiten werden, weil sie es nicht müssen, um über die Runden zu kommen, überhaupt eine Ausbildung machen sollen. Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde voraussichtlich die bildungsnahen Schichten stärken und einen Teil der bildungsfernen Schichten von jeglicher Bildung noch weiter wegführen – also den Zerfall der Gesellschaft beschleunigen.
Kriminalitätsentwicklung
Nennenswerte Einflüsse eines bedingungslosen Grundeinkommens auf die Kriminalitätsentwicklung insgesamt sind nicht zu erwarten. Nur die wenigsten Menschen begehen Straftaten, um materielle Grundbedürfnisse zu befriedigen. Soweit hierdurch bei bestimmten Kriminalitätsformen (z.B. Ladendiebstahl) eine Besserung eintritt, steht dem voraussichtlich in anderen Bereichen ein Anstieg von Straftaten durch Menschen gegenüber, die nicht mehr durch Arbeit sinnvoll beschäftigt sind und in der beschleunigt zerfallenden Gesellschaft unter die Räder geraten.
Inflation
Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis von Waren und Dienstleistungen. Steht für die Anmietungen von Wohnungen im untersten Preissegment durch das bedingungslose Grundeinkommen mehr Geld zur Verfügung, dann steigen hier die Mieten. Das gleiche gilt für billige Lebensmittel und billige Kleidung. Das bedingungslose Grundeinkommen müsste laufend erhöht werden, um wirksam zu bleiben. Die Folge wäre eine Beschleunigung der Inflation.
Erwerbslosigkeit
Neben der Inflation würde auch die Erwerbslosigkeit ansteigen. Millionen Menschen würden sich mit dem Grundeinkommen einrichten und bestenfalls schwarz etwas hinzuverdienen. Die Motivation für eine geregelte Erwerbstätigkeit würde bei einem Teil der Bevölkerung abnehmen.
Fazit:
Das bedingungslose Grundeinkommen hätte einige nachteilige, aber kaum positive Auswirkungen.
Trotzdem kann die derzeitige öffentliche Diskussion über ein bedingungsloses Grundeinkommen interessante Denkanstöße geben. Und zwar z.B. zur Beantwortung der Frage, wie die Europäische Zentralbank (EZB) in Zukunft mit ihrer Geldmengen-Politik ins wirtschaftliche Geschehen eingreifen sollte.
Geldmengen-Ausdehnung von unten
Die EZB hat zuletzt mit ihrer Null-Zins-Politik faktisch virtuell geschöpftes Geld an die Banken verschenkt. Den dortigen Entscheidungsträgern steht es frei, die abrufbaren Geldmengen in die Realwirtschaft als Kredite zu vergeben, oder sie mit höherer, spekulativer Gewinnerwartung den Wertpapiermärkten zuzuführen. Oft überwog bei den Bankern die Tendenz zu letzterem.
Wie wäre es, wenn die nächste „Konjunkturspritze“ der Zentralbank nicht oben, bei den Banken, sondern unten, bei den Verbrauchern, verabreicht werden würde? Einige hundert Euro virtuell geschöpftes Geld ohne Rückzahlungspflicht auf dem Konto jeder natürlichen Person in der Eurozone wären durchaus geeignet, den Wirtschaftskreislauf anzukurbeln. Aber eine solche Maßnahme hätte keine der nachteiligen Folgen, die ein bedingungsloses Grundeinkommen mit sich bringen würde.
Klar: Damit ließe sich langfristig weder der Euro, noch das derzeitige Geldsystem retten. Aber wie legte Nietzsche so treffend seinem Zarathustra in den Mund: „Was fällt, das soll man auch noch stoßen!“
Und warum sollte das konservative politische Spektrum nicht den sozialen Populismus der Linken aufgreifen und ihm eine für den Bürger nachvollziehbar nützliche Alternative entgegen stellen?
Also: Nein zum bedingungslosen Grundeinkommen! Ja zu einer wirtschaftlich anlassbezogenen Geldmengen-Ausdehnung von unten durch die Zentralbank!