Zuletzt aktualisiert 11. Dezember 2021
Erst Mecklenburg-Vorpommern, dann Sachsen, jetzt Köln: Demonstrationen gegen Politiker vor deren Privatwohnsitz rufen Empörung bei Politikern und Medienmachern hervor. In einem Fall war Ministerpräsidentin Manuela Schwesig betroffen, dann die sächsische Landesgesundheitsministerin Petra Köpping und jetzt der größte Bundesgesundheitsminister aller Zeiten, Karl Lauterbach. Jedes Mal schritt die Polizei ein und ging gegen die Demonstranten vor.
Der Kölner „Express“ kommentiert das Demonstrationsgeschehen mit Sätzen wie: „Die Protestaktion löste Entsetzen aus und wurde parteiübergreifend verurteilt.“
Das war nicht immer so. Ich selbst haben 20 Jahre lang in Köln gelebt, und den Bürgern der Domstadt hat es drei Mal gefallen, mich in ihren Stadtrat zu wählen. In dieser Zeit fanden mehrfach Demonstrationen gegen mich vor meiner Privatwohnung statt – mal angemeldet und mal nicht. Anstoß nahmen die Massenmedien daran selbst in den beiden Fällen nicht, in denen vermummte und mit Knüppeln bewaffnete Schläger auf mich einprügelten. Soweit die Medien überhaupt auf Presseerklärungen reagierten und darüber berichteten, haben sie die Angriffe auf mich ausdrücklich legitimiert.
Aber jetzt auf einmal ist das alles ganz furchtbar. Die Angst wechselt die Seite. Der „Express“ zitiert den nordrhein-westfälischen Innenminister Herbert Reul mit dem Satz:
„Wir müssen davon ausgehen, dass aus der Bewegung heraus auch weiter gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung agitiert wird, dass es nicht nur um Corona geht und dass ein Teil der Anhänger auch Gewalt befürwortet oder sogar anwenden wird.“
Gewalt war und ist kein legitimes Mittel politischer Auseinandersetzungen. Friedliche Demonstrationen dagegen sind in einer lebendigen Demokratie unverzichtbar. Politik und Massenmedien wären glaubwürdiger mit ihren Äußerungen und mit ihrem Verhalten, wenn sie diesbezüglich immer schon gleiches Recht für alle eingefordert hätten und gelten lassen würden.
Manfred Rouhs