Zuletzt aktualisiert 29. September 2022
Die Bundesrepublik Deutschland ist zum ersten Mal seit ihrer Gründung im Jahr 1949 von einem anderen Staat mit militärischen Mitteln angegriffen worden. Nichts anderes als genau dies war die unterseeische Sprengung beider Nordstream-Pipelines, die von skandinavischen Seismologen festgestellt worden ist.
Für die deutschen Massenmedien ist klar, wer dahintersteckt: Die bösen Russen. „Thank you, USA“, kommentiert dagegen der ehemalige polnische Verteidigungsminister Radoslaw Sikorski das Ende von Nordstream. August Hanning, der frühere Chef des Bundesnachrichtendienstes, geht davon aus, dass der Angreifer früher oder später ermittelt werden wird. „Es wird Aufnahmen von Überwachungen geben, das lässt sich langfristig kaum verheimlichen“, schreibt die „Bild“-Zeitung.
Aber da könnte er sich irren. Neben Kampftauchern und Mini-U-Booten kommen auch ferngesteuerte Unterwasser-Drohnen für die Tatausführung in Betracht. Die Sprengsätze, die angesichts des hohen Drucks in der Leitung von mehr als 100 bar nicht allzu groß gewesen sein müssen, können schon vor Wochen deponiert worden sein. Die Pipelines werden unter Wasser nicht videoüberwacht. Wer soll kleine Unterwasser-Drohnen beobachtet haben, die weit entfernt von den Explosionsorten ins Wasser gesetzt worden sein können und die lange schon weggetaucht waren, als Nordstream zerbarst?
Klar, die Russen hätten einen solchen Angriff ausführen können. Die USA und die Ukraine aber auch, die zudem ein starkes Motiv hätten, russische Gaslieferungen an Deutschland dauerhaft zu unterbinden. Die Russen dagegen würden sich mit einer solchen Aktion ins eigene Fleisch schneiden. Sie verlieren kurzfristig ein Druckmittel und büßen langfristig die Möglichkeit ein, wieder kostengünstig Gas gen Westen verkaufen zu können.
Falls die Russen in der Nordsee irgendetwas sprengen, dann eher Baltic Pipe, die Alternative zu Nordstream, durch die Erdgas von Norwegen nach Osteuropa fließen soll. Falls es da demnächst ebenfalls kracht, dann war das sozusagen der Gegenschlag.
Grafik oben: Lemiel, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons