Queer-Feminismus am Berliner Verfassungsgerichtshof

Queer-Feminismus am Berliner Verfassungsgerichtshof

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Zuletzt aktualisiert 17. August 2024

Manche Menschen wundern sich über die Urteile höherer Gerichte in Deutschland. Andere hoffen immer noch auf die Justiz, wenn es darum geht, Verhältnisse, von denen sie annehmen, sie seien aus dem Ruder gelaufen, wieder gerade zu rücken. Beide Gruppen scheinen nicht zu wissen, wer die personelle Besetzung der deutschen Verfassungsgerichte bestimmt.

Die ist nämliche Sache der Parlamente. Die Richter am Bundesverfassungsgericht wählen der Deutsche Bundestag und der Bundesrat. Die Richter an den Verfassungsgerichtshöfen der Länder wählt der jeweilige Landtag. Mit Zwei-Drittel-Mehrheit.

Diese Wahlverfahren brechen die Gewaltenteilung auf. Sie unterwerfen die Richterwahl den üblichen Mechanismen des parteipolitischen Klüngels, zu denen Quoten und Parteienproporz gehören. Das tut dem Richteramt nicht gut und einer zu wünschenden Entpolitisierung juristischer Verfahren auch nicht.

Nun hat das Berliner Abgeordnetenhaus die Rechtsanwältin Lucy Chebout nach einigem Hin und Her mit 81,3 Prozent der Stimmen in geheimer Wahl ins Amt einer Richterin am Berliner Verfassungsgerichtshof gewählt. Näheres zu den politischen und juristischen Hintergründen dieser Wahl berichtet die „Legal Tribune Online“, die auch etwas mitzuteilen weiß über Kritik aus dem akademischen juristischen Betrieb an dieser Personalie:

„Diese Kritik kam vor allem von Rechtsprofessoren. Arnd Diringer, der an der Hochschule Ludwigsburg die Forschungsstelle Arbeitsrecht leitet, nannte Chebout ‚juristisch allenfalls ein Leichtgewicht‘. Der Berliner Zivilrechtler Gregor Bachmann schrieb: ‚Dass man als Associate/Doktorandin in Berlin Verfassungsrichterin werden kann, ist bemerkenswert.‘“

Der „Spiegel“ dagegen lobte Lucy Chebout und zeichnete sie als „Heldin des Alltags” aus. „JURios“, ein Portal für „kuriose juristische Nachrichten“, schrieb dazu: „Lucy Chebout setzt sich als Juristin insbesondere für die Rechte queerer Menschen und Familien ein.“ Wer sich für solche Themen interessiert, mag Einzelheiten dazu bei „JURios“ nachlesen.

Nicht nur, aber auch der Fall Lucy Chebout macht klar: Die Verfassungsrichter muss das Volk wählen, nicht ein Parlament. Das bisherige Verfahren mag in Zeiten des Zusammenhalts einer Gesellschaft unschädlich sein, aber in solchen Zeiten leben wir gerade nicht. Die Richterwahl durch die Parlamente beschädigt die fachliche Qualität und das Ansehen der Justiz.

Abbildung oben: Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin | Urheber: Ansgar Koreng | Lizenz: CC BY-SA 3.0 (DE)

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